Wenn die Stute rossig ist
Die Rosse ist bei der Stute ein Anzeichen für die erhöhte Paarungsbereitschaft und den nahenden Eisprung. Während der Rosse – selten auch Rossigkeit genannt – zeigen die meisten Stuten verschiedene Symptome und in der Gegenwart eines Hengstes oder auch Wallachs ein rossetypisches Verhalten. Dazu gehören vor allem vermehrter Absatz von Urin, das Heben des Schweifes und das sogenannte Blitzen.
Obwohl die meisten rossigen Stuten normal reitbar sind, entwickeln manche Stuten in der Rosse ein aggressives oder zickiges Verhalten beim Reiten oder auch im täglichen Umgang. Besonders im professionellen Pferdesport werden aus diesem Grund häufiger chemische und pflanzliche Mittel gegen die Rosse bei der Stute eingesetzt.
In diesem Artikel erklären wir Ihnen, wie Sie Rosse beim Pferd erkennen, welche Probleme in dieser Phase auftreten können und wie Rosse bei der Stute unterdrückt oder unterstützt werden kann.
Die Bedeutung der Rosse beim Pferd
Die Rosse ist eine Phase während des normalen sexuellen Zyklus, in der die Stute durch bestimmte Symptome ihre Paarungsbereitschaft anzeigt.
Sie wird durch Hormone ausgelöst, die von Follikeln im Eierstock produziert werden. Gegen Ende der Rosse erfolgt der Eisprung, bei der eine Eizelle aus dem ausgereiften Follikel freigesetzt wird und vom Eierstock über den Eileiter in die Gebärmutter gelangt.
Die späte Rosse ist deshalb der optimale Zeitpunkt, um eine Stute besamen oder decken zu lassen. Nach dem Eisprung bildet sich auf dem Eierstock der Stute ein sogenannter Gelbkörper, der Hormone produziert, die eine Trächtigkeit unterstützen und einen weiteren Eisprung unterdrücken.
Wird die Stute nicht tragend, bildet sich der Gelbkörper wieder zurück und die Stute kommt wieder in Rosse.
Wie oft und wie lange ist eine Stute rossig?
Die Häufigkeit der Rosse bei einer Stute hängt von der Jahreszeit ab. Vom Frühling bis in den frühen Herbst dauert der normale sexuelle Zyklus der Stute gewöhnlich 21 Tage. Gegen Ende dieses Zyklus kommt die Stute in die Rosse und zeigt fortan rossetypisches Verhalten.
Die Rosse selbst hat eine Dauer von etwa fünf bis sieben Tagen. Gesunde, nicht tragende Stuten werden also etwa alle zwei bis zweieinhalb Wochen rossig.
Keine Rosse im Winter
Die erste Rosse im Jahr erfolgt im Frühjahr, die letzte Rosse im Herbst. Während der Wintermonate ruht der Zyklus. Dies hängt mit der verringerten Menge an Tageslicht durch die kurzen Tage und langen Nächte zusammen. In dieser Zeit bilden die Stuten normalerweise keine ausgereiften Follikel und zeigen auch keine Rosse.
Rosse bei alten und jungen Stuten
Junge Stuten werden etwa mit zwei bis zweieinhalb Jahren geschlechtsreif und zeigen dann die ersten Anzeichen von Rosse. Bei sehr alten Stuten wird mitunter während des ganzen Jahres keine Rosse mehr beobachtet.
Rosse bei der Stute erkennen
Die meisten rossigen Stuten zeigen mehr oder weniger deutliche, typische Symptome während der Rosse. In der Regel löst die Anwesenheit eines Hengstes diese Symptome aus. Auf Gestüten werden deshalb Probierhengste eingesetzt, um bei den Zuchtstuten eine Rosse zu erkennen.
Soll eine Stute besamt werden, untersucht der Tierarzt zudem routinemässig die Eierstöcke und die Gebärmutter der Stute mit einem Ultraschallgerät. So lässt sich der Zyklusstand der Stute genau beurteilen und die Rosse feststellen. Manche rossige Stuten zeigen nicht nur beim Hengst, sondern auch bei Wallachen oder sogar anderen Stuten deutliche Anzeichen von Rosse.
Symptome bei rossigen Stuten
Zu den wichtigsten Anzeichen der Rosse bei der Stute gehören:
- Stehenbleiben mit gespreizten Hinterbeinen
- Heben und zur Seite legen des Schweifes
- Vermehrter Absatz von Urin
- Blitzen (oder auch Blinken): Die Stute spreizt und schliesst die Schamlippen mehrfach hintereinander und legt so die tiefer gelegene, hell rosa gefärbte Klitoris frei, die unter dem Schweif hervor „blitzt“.
- Meist hat die Stute auch leichten schleimigen Ausfluss. Blut ist dabei in der Regel nicht zu sehen. Wird dennoch Blut in der Rosse beobachtet, sollte eine Untersuchung durch den Tierarzt erfolgen, um eventuelle Verletzungen der Stute auszuschliessen.
Stuten, die nicht rossig sind, bleiben nicht stehen und reagieren auf einen Hengst üblicherweise mit heftigen Abwehrbewegungen:
- Ohren anlegen
- Quieken
- Kopf- und Schweifschlagen
- Schlagen mit den Vorder- oder Hinterbeinen, Bocken
Umgang mit rossigen Stuten
Die meisten Stuten lassen sich auch in der Rosse normal reiten und bereiten auch im täglichen Umgang keine besonderen Probleme. Grundsätzlich benötigt die rossige Stute weder ein spezielles Futter noch eine besondere Pflege. Folgende grundlegende Tipps sollten Sie während der Rosse der Stute dennoch beachten:
- Fernhalten von Hengsten: Rossige Stuten lösen bei den meisten Hengsten starkes Sexualverhalten aus. Der Hengst regt sich auf und kann bei seinem Versuch, zu der rossigen Stute zu gelangen, Menschen und andere Pferde gefährden. Unerfahrene Reiter oder Führer können in einer solchen Situation schnell mit dem Hengst überfordert sein und die Kontrolle verlieren. Halten Sie deshalb eine rossige Stute von Hengsten fern. Soll eine Stute von einem bestimmten Hengst gedeckt werden, wird der Kontakt mit dem Hengst natürlich zugelassen.
- Vorsicht beim Kontakt mit anderen Pferden: Die meisten Pferde zeigen ein typisches Verhalten, wenn sie andere Pferde begrüssen. Dazu gehören das gegenseitige Beschnuppern an der Nase sowie Quietschen und Schlagen mit den Vorderbeinen. Bei rossigen Stuten kann dieses Verhalten besonders stark ausgeprägt sein. Achten Sie deshalb darauf, nicht in Reichweite der Vorderbeine zu stehen, wenn eine rossige Stute ein anderes Pferd beschnuppert. Viele rossige Stuten setzen gerade in solchen Situationen zudem vermehrt Urin ab. Besonders in Reitställen ist es daher oft sinnvoll, lieber zügig an anderen Pferden auf einer Stallgasse oder in den Boxen vorbeizugehen. So verhindern Sie, dass die Stute stehen bleibt, Urin absetzt und Sie nachfolgend die Stallgasse reinigen müssen.
Rosse während der Trächtigkeit
Auch tragende Stuten können rossig werden. Zwar wird während der Trächtigkeit der Eisprung unterdrückt, es reifen aber dennoch gerade in der frühen Trächtigkeit immer wieder Follikel heran, die Sexualhormone produzieren. Diese Hormone können während der Trächtigkeit Rosse bei der tragenden Stute auslösen.
Bei zuvor tragenden Stuten kann die Rosse aber auch ein Hinweis auf den Verlust der Trächtigkeit sein. Daher sollte sicherheitshalber eine Trächtigkeitsuntersuchung durch den Tierarzt erfolgen, wenn eine trächtige Stute rossig wird.
Wenn die Stute nicht rossig wird
Manche Stuten zeigen auch nach dem Winter keine äusseren Anzeichen für Rosse. Wenn eine Stute nicht rossig wird, sind zunächst eine allgemeine und eine gynäkologische Untersuchung durch den Tierarzt angebracht, um die Ursache herauszufinden. Häufige Ursachen für ein Ausbleiben der Rosse bei der Stute sind:
- Stille Rosse: Bei der Stute läuft ein normaler Zyklus ab und es erfolgt auch ein Eisprung. Die äusserlich sichtbaren Symptome der Rosse sind jedoch so gering, dass sie vom Besitzer oder Züchter übersehen werden.
- Alter: Besonders ältere Stuten ab etwa 20 Jahren kommen seltener oder gar nicht mehr in Rosse, da sich die Eierstöcke der Stuten mit zunehmenden Alter zurückbilden und kaum oder keine Eizellen und Hormone mehr produzieren.
- Fütterung: Sehr dünne oder magere Stuten werden häufig nicht rossig. Aber auch übergewichtige Stuten kommen seltener in Rosse als normalgewichtige Stuten. Ein optimaler Ernährungszustand ist demnach wichtig für einen normalen Zyklus der Stute.
- Zysten oder Tumore: Zysten auf den Eierstöcken, dauerhafte Gelbkörper oder Tumore der Eierstöcke verändern die Hormonproduktion der Stute und können so eine Rosse unterdrücken.
Je nach Ursache für die ausbleibende Rosse kann eine Behandlung durch den Tierarzt erfolgen. Gerade bei alten Stuten mit funktionslosen Eierstöcken bleiben die Versuche mitunter aber erfolglos.
Die Rosse unterstützen
Einer jungen, gesunden Stute, die nicht rossig wird, kann der Tierarzt verschiedene Medikamente spritzen, die Hormone enthalten und die Rosse bei der Stute unterstützen. Diese Methode wird häufig auch als Rosseeinleitung oder sogenanntes Anspritzen bezeichnet und erfolgt nach einer Ultraschalluntersuchung durch den Tierarzt.
Bei einer erfolgreichen Behandlung zeigt die Stute je nach Medikament und Behandlungsschema innerhalb von wenigen Tagen bis einer Woche die ersten Symptome der Rosse.
Rosse bei der Stute unterdrücken
Manche Stuten entwickeln während der Rosse ein auffällig aggressives, zickiges Verhalten im täglichen Umgang oder auch beim Reiten. Unter Umständen wehren sich diese Stuten vor allem gegen die Schenkelhilfen des Reiters, bocken, gehen nicht vorwärts oder sind vermehrt nervös oder unkonzentriert.
Vor allem im professionellen Pferdesport werden häufiger Mittel bei extrem rossigen Stuten angewendet, um die Rosse zu verhindern und so eine bessere sportliche Leistung zu erreichen.
Zickiges Verhalten – nicht immer ist Rosse das Problem
Bevor eine Behandlung der Stute zur Unterdrückung der Rosse erfolgt, sind andere Ursachen für das Verhalten der Stute auszuschliessen. Reiterfehler, schlecht passende Ausrüstung oder orthopädische Probleme mit Schmerzen im Rücken oder den Gliedmassen machen mitunter eine Stute unreitbar.
Auch eine Erkrankung der Eierstöcke der Stute (Zysten oder Tumore) können zu einer erhöhten Produktion bestimmter Hormone und dadurch zu Dauerrosse oder stark verstärkten Rossesymptomen führen.
Eine gynäkologische Untersuchung der Stute durch den Tierarzt mit einem Ultraschallgerät liefert wertvolle Hinweise auf eventuelle gesundheitliche Probleme und sollte unbedingt vor einer eventuellen Behandlung durchgeführt werden.
Mittel gegen Rosse bei der Stute
Verschiedene Mittel gegen Rosse bei der Stute stehen zur Verfügung:
- Hormonbehandlung
- Immunisierung
- alternative Medizin mit Homöopathie oder pflanzlichen Medikamenten
- chirurgische Massnahmen (Entfernung des Ovars, also des Eierstocks)
Hormonbehandlung zur Unterdrückung der Rosse
Eine Hormonbehandlung erfolgt in der Regel durch die Gabe von Gestagenen, die normalerweise erst nach dem Eisprung und während der Trächtigkeit der Stute ausgeschüttet werden. Durch diese Hormone wird dem Körper der Stute eine Trächtigkeit simuliert und die Ausreifung neuer Eizellen sowie eine dadurch ausgelöste Rosse unterdrückt.
Zu den bekanntesten Mitteln dieser Art zählt Regumate®. Dieses Medikament ist beim Tierarzt erhältlich und wird der Stute die letzten vier Tage vor einem Wettbewerb täglich ins Maul verabreicht, um die Rosse und ihre Symptome zu unterdrücken. Auch eine Behandlung der Stute mit dem Wirkstoff Progesteron ist möglich. Hierzu sind mehrere Injektionen in die Muskulatur notwendig.
Neben Gestagenen werden auch andere Hormone zur Unterdrückung der Rosse verwendet. Medikamente wie Ovuplant® oder Suprelorin® wirken durch einen Überschuss an Geschlechtshormonen. Auf diese Weise werden die Eierstöcke desensibilisiert, sodass keine oder nur eine verminderte Reaktion der Eierstöcke auf diese Hormone erfolgt. Die Rosse der Stute wird so unterdrückt.
Immunisierung – eine Spritze gegen Rosse
Über eine Impfung gegen körpereigene Sexualhormone kann eine Immunisierung der Stute und somit eine chemische Kastration erreicht werden. Die einmalige Injektion des Impfstoffes veranlasst die Stute zur Bildung von Antikörpern gegen die eigenen Geschlechtshormone, die somit auf die Eierstöcke und den sexuellen Zyklus der Stute keine Wirkung mehr haben können.
So wird die Rosse über einen längeren Zeitraum unterdrückt. Improvac® und Equity® stehen als Impfstoffe zur Unterdrückung der Rosse zur Verfügung.
Alternative Medizin: Homöopathie und Mönchspfeffer gegen Rosse
Homöopathische Mittel in Form von Globuli oder Pulvern aus Hyasciamus niger (Schwarzes Bilsenkraut) oder Mönchspfeffer als pflanzliches Mittel sollen die Rosse bei der Stute unterdrücken. Sie werden der Stute gewöhnlich über das Futter oder auch direkt ins Maul gegeben (Globuli). Über den tatsächlichen Erfolg dieser Art von Behandlung ist wenig bekannt.
Intrauterine Einlagen – Glaskugel gegen Rosse?
Alternativ kann eine Unterdrückung der Rosse durch intrauterine Einlagen (Einlagen in der Gebärmutter) versucht werden. Der Tierarzt platziert etwa einen Tag nach dem Eisprung wenige Zentimeter grosse Kugeln aus Glas oder aus Kunststoff in der Gebärmutter der Stute. Diese sollen von der dem Körper der Stute als frühe Trächtigkeit erkannt und so eine weitere Rosse verhindert werden.
Einlagen in die Gebärmutter führen nur in weniger als der Hälfte der Fälle zum gewünschten Erfolg. Ein erhöhtes Risiko nachfolgender Infektionen und Irritationen der Gebärmutter ist zudem nicht auszuschliessen.
WEITERE ARTIKEL
Chirurgische Massnahmen – Ovarektomie
Eine Entfernung der Eierstöcke (Ovarektomie, Kastration) zur Unterdrückung der Rosse ist eine eher seltene Massnahme. Eine solche Ovarektomie ist nur dann ratsam, wenn eine zukünftige Nutzung der Stute zur Zucht mit Sicherheit nicht gewünscht ist.
Der Eingriff erfolgt in einer Pferdeklinik meist am stehenden, sedierten Pferd. Obwohl Komplikationen recht selten sind, besteht wie bei jeder chirurgischen Massnahme durchaus ein Risiko nachfolgender Infektionen oder Wundheilungsstörungen.