Barfen beim Hund: Pro und Contra
Kaum ein Thema wird unter Hundebesitzern so heiss diskutiert wie die Ernährung ihrer Schützlinge. Abseits von kommerziell erhältlichem Trocken- und Nassfutter wollen viele Besitzer ihren Hund „natürlicher“ ernähren. Als „BARF“ wird eine Methode der Ernährung von Hunden bezeichnet, welche die natürliche Ernährungsweise von Wölfen imitieren soll. Im Folgenden lesen Sie, worin die Vor- und Nachteile des Barfens beim Hund bestehen und welche gesundheitlichen Risiken diese Form der Ernährung birgt.
BARF – was ist das?
BARF ist eine Ernährungsweise bei Hunden, die an die ursprüngliche Ernährung der Wölfe anlehnen soll. Die Rationen bestehen aus rohem Frischfleisch oder Fisch, Innereien sowie Knochen. Gemüse, Obst und auch Nüsse sollen zudem – vorzugsweise in zerkleinerter Form – den Magen- und Darminhalt der von den Wölfen verzehrten Beutetiere ersetzen.
Die Abkürzung BARF wurde von der Hundezüchterin Debbie Tripp eingeführt und bedeutete ursprünglich „Born Again Raw Feeders“, also wiedergeborene Rohfütterer. Später änderte sich die Bedeutung zu „Bone and Raw Food“ (Knochen und rohes Futter). Eingedeutscht hat sich jedoch die Bezeichnung „Biologisch Artgerechte Rohfütterung“. Als Erfinder der BARF-Methode gilt der australische Tierarzt Ian Billinghurst, welcher sich 1993 in einem seiner Bücher für die Rohfütterung von Hunden aussprach.
Seitdem gewinnt BARF bei Hundebesitzern zunehmend an Beliebtheit. In einer Umfrage aus dem Jahr 2013 gaben acht Prozent der Befragten an, ihren Hund mit selbst zubereiteten Rationen zu füttern. 35 Prozent der Befragten kombinierten konventionelles Fertigfutter mit frischen Futtermitteln.
Warum den Hund Barfen?
Beim Barfen gewinnt man den Eindruck, den Hund natürlicher, artgerechter und somit auch gesünder zu ernähren. Ein Grund für das Barfen des Hundes kann eine krankheitsbedingte Futtermittelunverträglichkeit sein. Bei selbst zusammengestellten Rationen kann man gezielt bestimmte Komponenten durch andere, nicht allergieauslösende Futterbestandteile, ersetzen. Auch bei Hunden mit empfindlicher Verdauung kann die Umstellung auf Barfen sinnvoll sein.
Vorteile von BARF bei Hunden
Ein grosser Vorteil des Barfens von Hunden ist, dass man die einzelnen Bestandteile des Futters vor der Verarbeitung und Zubereitung selbst in Augenschein nehmen kann, man kann also die Qualität selbst beurteilen. Bei normalem Fertigfutter sieht man nur die gepressten Kroketten und muss sich bezüglich der Inhaltsstoffe an den Angaben der Hersteller orientieren.
Auch sind Hunde länger mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt, wenn die Ration Knochen oder grosse Fleischstücke enthält. Der Hund muss also an seinem Futter arbeiten und wird dadurch ausgeglichener. Bei im Handel erhältlichen „BARF-Mischungen“ fallen diese Vorteile meist weg, da das Fleisch oftmals „gewolft“ (also zerkleinert) vorliegt.
BARF-Rationen weisen im Allgemeinen eine höhere Verdaulichkeit aus Fertigfuttermittel auf, was sich im Endeffekt in einer geringeren Kotmenge wiederspiegelt.
In der populärwissenschaftlichen Literatur wird ausserdem immer wieder angeführt, dass die „natürlich“ ernährten Hunde ein besseres Immunsystem, weniger Parasiten, starke Knochen und ein glänzenderes Fell aufweisen. Wissenschaftlich wurde dies allerdings bisher noch nicht bewiesen.
Barfen gegen Zahnstein?
In Internetforen und populärwissenschaftlicher Literatur liest man häufig, dass das Benagen von rohen Knochen die Zahngesundheit des Hundes verbessert. Tatsächlich bewiesen wurde, dass die einmal-wöchentliche Gabe eines rohen Ochsenschwanzes die Bildung von Zahnstein bei Hunden signifikant reduzieren kann.
Andere Studien zeigten jedoch, dass Hunde, die konventionell mit „Fertigfutter“ ernährt werden, gegenüber Hunden mit selbst zubereiteten Rationen einen besseren Zahnstatus aufwiesen. Das Thema Zahngesundheit hat viele Einflussfaktoren, daher muss auf diesem Gebiet noch intensiver vergleichend geforscht werden.
Nachteile und Risiken von BARF
Zieht man in Betracht, seinen Hund zu barfen, sollten der vergleichsweise hohe Zeitaufwand für die Zubereitung des Futters und die Kosten für den Einkauf der frischen Lebensmittel berücksichtigt werden.
Viel wichtiger sind aber die gesundheitlichen Risiken des Barfens. So schön die Vorstellung ist, seinem Hund etwas Selbstzubereitetes zu füttern: Es bestehen dabei nicht unerhebliche Risiken für Mensch und Tier. Mögliche Gefahren des Barfens von Hunden sind:
- Bakterien im Futter
- Parasiten im rohen Fleisch
- Über- und Unterversorgung mit Nährstoffen
Im Folgenden werden die gesundheitlichen Risiken des Barfens von Hunden näher vorgestellt.
Bakterien im Futter
Untersuchungen haben gezeigt, dass immer wieder einige der im Handel erhältlichen BARF-Pakete mit Salmonellen kontaminiert sein können. Hunde mit einem intakten Immunsystem erkranken in der Regel nicht an den Salmonellen, sie können sie aber ausscheiden und so andere Tiere oder Menschen anstecken.
In einem Haushalt mit Kindern oder älteren Menschen sollte daher auf die Rohfütterung von Hunden verzichtet werden. Generell lässt sich sagen, dass die für den Menschen potenziell gefährlichen Bakterien bei Hunden, die gebarft werden, deutlich öfter vorkommen als bei konventionell ernährten Hunden.
Ein weiteres Problem kann Botulismus sein. Sollte ein Fleischpaket mit Clostridium botulinum Bakterien verunreinigt sein und unter Luftabschluss auftauen, bilden diese Bakterien das Botulinum-Toxin, das stärkste Gift der Welt, welches bereits in kleinsten Konzentrationen tödlich wirkt.
Parasiten im rohen Fleisch
Auch für den Menschen gefährliche Parasiten wie Toxoplasmen und Sarkosporidien können sich im Rohfutter verstecken. Eine sichere Methode zur Abtötung der Parasiten im rohen Fleisch ist das Kochen bei mindestens 65 °C für mindestens zehn Minuten. Das Einfrieren bei -20 °C über wenigstens vier Tage tötet ebenfalls einen Grossteil der Parasiten ab.
Toxoplasmose kann bei Hunden zu Durchfall, Hirnhautentzündungen und im schlimmsten Fall zum Tod führen. Sarkosporidien sind für den Hund als Endwirt relativ ungefährlich. Wenn sie vom Menschen aufgenommen werden, können sie jedoch zu Übelkeit, Bauchschmerzen und Durchfall führen.
Über- und Unterversorgung mit Nährstoffen
Die Zusammenstellung eines ausgewogenen und gesunden Speiseplans für Hunde erfordert spezielle Kenntnisse. Im Jahr 2010 wurden an der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) in München 95 von Tierbesitzern eingeschickte Rationspläne überprüft. Keiner der eingesandten Futterpläne deckte den täglichen Bedarf eines Hundes an Nährstoffen.
60 Prozent der Pläne wiesen gravierende Mängel und der Rest weniger schwere Mängel in der Zusammensetzung auf. Oftmals wurde ein Kalziummangel mit gleichzeitigem Phosphorüberschuss festgestellt. Auch Jod- und Vitamin-D Mängel wurden bei grossen Teilen der eingesendeten Futterpläne beobachtet.
Aber auch kommerziell erwerbliche BARF-Pakete weisen zum Teil erhebliche Mängel auf. Von sechs durch die LMU untersuchten „Komplettmenüs“ wiesen fünf Pakete ein starkes Nährstoffungleichgewicht auf, die Deklaration als „Alleinfutter“ war somit nicht korrekt.
Zu viel Fleisch macht Probleme
Muskelfleisch hat einen hohen Anteil an Proteinen und Phosphor. Eine permanente Überversorgung damit kann die Nieren und die Leber des Hundes auf Dauer stark schädigen.
Die Aufnahme von sehr bindegewebsreichem Fleisch, zum Beispiel von Schlachtabfällen, kann ausserdem zu Durchfällen und Verdauungsproblemen führen.
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Barfen: Ja oder Nein?
Die oftmals angepriesenen Vorteile des Barfens beim Hund lassen sich zurzeit nicht wissenschaftlich nachweisen. Im Gegenteil besteht sogar die Gefahr, seinen Hund durch eine Über- oder Unterversorgung mit Nährstoffen krank zu machen. Rezepte für das Barfen von Hunden findet man zuhauf nach kurzer Recherche im Internet, doch fast alle stellen sich bei genauerer Prüfung als nicht bedarfsdeckend heraus.
Bei bestimmten Stoffwechselerkrankungen kann die Umstellung auf BARF von Vorteil sein, da hier zum Beispiel eine angepasste Nierendiät oder Leberdiät zubereitet werden kann. Prinzipiell kann jeder Hund gebarft werden, doch nicht jeder akzeptiert rohes Fleisch im Futternapf.
Des Weiteren sollte bei Welpen auf diese Form der Fütterung verzichtet werden. Der Rationsplan müsste je nach Rasse wöchentlich neu gestaltet werden, um sich den sich ändernden Bedürfnissen des wachsenden Hundes anzupassen.
Richtiges Barfen eines Hundes ist also alles andere als schnell und einfach. Eine Umstellung auf BARF sollte daher nur in enger Zusammenarbeit mit einem spezialisierten Tierarzt für Tierernährung erfolgen. Die jeweiligen Landestierärztekammern können bei der Suche nach Spezialisten behilflich sein.